Montag, 27. Januar 2014

Random, but beautiful stories from Cleveland #1

"Unser" Tisch
Ich weiß nicht einmal ob überhaupt etwas beachtenswertes passiert ist in Cleveland. Ich hatte zwei unterschiedliche, aber schöne Wochenenden, die Arbeit plätscherte so ein bisschen dahin. Da, wir immer noch nicht wirklich "back to normal" sind. Ja letztes Wochenende war wirklich schön, es finf schon unglaublich gut an mit kostenloser Pizza. Wir hatten "Outreach", also einen Tisch, Spiele, kostenlose Energie sparende Glühbirnen und Informationen über Earth Day Coalition auf dem Campus der "Case Wester Reserve University", meiner Lieblingsuni in Cleveland. Wenn ich das denn überhaupt sagen darf. Case liegt aber einfach viel besser, als die deutlich größere "Cleveland State University". Beide wirken schon wie ein Stadtteil, eine Universität, so groß wie ein Stadtteil. Das ist generell eine Meinung, die sich langsam so in meinem Hirn gefestigt hat. In den USA ist einfach zu viel Geld in der Bildung und im Gesundheitswesen. Es erscheint manchmal schon fast lächerlich, wie sehr man sich in Deutschland über die "läppischen" Studiengebühren aufregt, wenn man hier sieht wie viel manche Leute für ein Semester allein an die Universität zahlen, nur um dann ihr ganzes Leben auf den "student loans" zu sitzen. Sich den Kopf zerbrechen müssen, wie sie all das Geld überhaupt irgendwann zurückzahlen können. Am Besten wird einem das in Cleveland deutlich wenn man die "Health Line" von Tower City (Downtown) Richtung Case und University Circle nimmt. Als erstes passiert man CSU (Cleveland State University) mit ihren Protz Bauten, dem neuen Student Center und dem unheimlich hässlichen CSU Tower. Einem etwa 60 stöckigem Hochhaus, ohne Fesnter, ohne Glas, nur Beton, den man so auch Novosibirsk vermuten könnte. Weiter geht es dann mit den großen Klinik, der Cleveland Clinic, die mittlerweile schon Ableger in Dubai hat, weil sie nicht mehr wirklich weiß wohin mit all dem Geld. Die Cleveland Clinic nimmt ungelogen an die 8 Blocks ein, ja gut irgendwo müssen die 36000 Angestellten ihrem Tagwerk auch nachgehen. Die Cleveland Clinic ist damit der größte private Arbeitgeber in Cleveland und ganz Nord- Ost Ohio und das als "non-profit". Angelegt als Stiftung hat die Klinik, den Status einer "non profit" Organisation, dass heißt keine Eigentums steuer etc. Ja aber was macht man dann mit all dem Geld? Richtig! Man baut, man baut Komplex um Komplex und was Außenrum alles ist kann einem ja egal sein. Von der Cleveland Clinic geht es dann direkt weiter zum University Circle, wo sich neben dem Campus von Case, das Cleveland Art Museum, der Botanical Garde, das Natural History Museum, das Museum of Contemporary Art und irgendeine Business School, die von Frank Gehry gebaut wurde.  So das Setting stimmt jetzt schon Mal. Auf dem Campus von Case war eine Art Community Work Expo, wo kleine "non profits" die Möglichkeit hatten ihre Arbeit vorzustellen und nach möglichen Praktikanten Ausschau zu halten. Vor allem aber gab es Pizza und das war wohl auch der Grund warum überhaupt so viele Studenten da waren. Also hab ich auch vor allem Pizza gespachtelt und mich nicht wirklich all zu viel um die Interessenten gekümmert. Es bestand sowieso nicht unbedingt all zu viel Interesse.
Am Ende der Veranstaltung hatte ich ganze 8 Leute die sich in unsere E-Mail Liste eingetragen hatten. Not too bad aber auch nicht so erfolgreich wie vielleicht erhofft. Danach lief ich noch Gary vom Cleveland Hillel in die Arme. Lukas und ich waren dort schon einmal zu Besuch um vor allem ASF vorzustellen und vielleicht ein Möglichkeit zu finden gemeinsam mit dem Hillel was zu machen. Unser erster Besuch lief gelinde gesagt eher nicht so toll, es war ja auch in fast einer unserer ersten Wochen in Cleveland. Die Leute dort waren irgendwie überfordert, überfordert von den sühne willigen Deutschen, die so idealistisch an die Sache herangehen wollen. Ich glaube einfach er wusste nicht so wirklich was mit uns anzufangen. Gary lud mich dann zumindest ein gleich noch Mal rüber in Cleveland Hillel Gebäude zu kommen, um mir Guy Cohen vorzustellen, der gerade ein Praktikum hier in Cleveland macht. Das Treffen mit Guy lief dann schon um einiges besser, er war ziemlich begeistert und vielleicht lässt sich so für uns ein Weg finden besser mit der doch sehr großen jüdischen Gemeinde in Cleveland zu kooperieren. Ich wurde dann auch noch gleich zum Sabbat eingeladen, ein wirklich schöner Abend.

Rocky River #1
Rocky River #2
Die beste, lustigste Crew in Cleveland
Am Samstag bin ich dann mit unseren Freunden in Lakewood, die dort für/mit der Episcopal Church einen Freiwilligendienst machen wandern gegangen, bei herrlichen minus 18 Grad. Im Rocky River Metropark sind wir dann gute 5 Meilen auf den Wanderwegen gelaufen, inklusive kurzer Football Trainingssession. Trotz der fast schon bestialischen kälte, oder vielleicht gerade wegen, war es eine schöne Abwechslung zum sonstigen Leben in der "Großstadt". Danach sind wir dann zurück in ihr Haus in Lakewood, wo wir auch schon zu Halloween zu Gast sein durften. Nach so einem langen Marsch ist man natürlich Hunger, also haben wir dann ein bisschen gekocht. Es gab lecker "Früssen", Frühstück zum Mittagessen, Bacon, Hash Browns und Bohnen. Ich habe dann den ganzen restlichen Tag dann noch dort verbracht, mit Super Mario auf der Wii, einem kurzen Football Spiel, wo man mir doch eine ganz ordentlich Wurftechnik bescheinigte und Bier trinken. Es war fast schon wie Zuhause auch wenn Country Roads in der Bierzelt Version doch um einiges anders klingt als John Denvers Liebeserklärung an West Virginia. Globalisierung at it's worst. Wir haben dann auch noch Siedler gespielt und ich habe sogar gewonnen, die Ehre Klaus Teuber's wird weiterhin hochgehalten. Irgendwann dann um 2 schlief Alex fast schon am Tisch ein und ich machte mich wieder auf, auf die Couch wo ich bereits an Halloween so gut geschlafen hatte.

Conway's Irish Ale
Am nächsten Morgen musste ich erst Mal gegen meine Dehydration ankämpfen. Die Great Lakes Brewing Company und all ihre herrlichen Erzeugnisse zollten ihren Tribut. Nach einem ungewohnt starken Kaffee, ging ich dann noch mit in den Gottesdienst, in die Kirche, die gleich neben dem ehemaligen Pfarrhaus liegt, in dem jetzt so viele tolle Menschen wohnen. Es war mein erster Episcopal Gottesdienst. Der Ritus ist doch eher katholisch, während die Theologie stark reformatorisch ist, wenn ich das richtig verstanden habe. Von da an ging es gleich weiter zum nächsten Gottesdienst, in die Trinity Cathedral, wo ein Gottedienst zu Ehren Martin Luther Kings stattfand. Werde ich auf meine Tage doch stärker gläubig? Eher nicht dafür habe ich (Achtung Zitat aus einer internen E-Mail meines Vaters): "genug aufklärerisch protestantische Tradition inhaliert".
Wahrscheinlich hat er recht, trotzdem war der Gottesdienst sehr rührend, besonder die Predigt von Dr. Otis Moss, der ein guter Freund von Dr. Martin Luther King war. Ich habe doch vergessen welche Bedeutung Martin Luther King für den Werdegang der USA hatte. Natürlich kann jeder "I have a dream" zitieren, oder kennt zumindest den Namen. Aber welche Bedeutung er immer noch hat, wenn auch nur als Symbol, für den Kampf gegen soziale Unterdrückung und Rassismus, dass geht leicht verloren, oder zumindest ging es mir so. Denn im normalen Unterricht an einem bayrischen Gymnasium spielt er dann doch eine eher untergeordnete Rolle. Zwar hat man im Englisch Unterricht ein Mal die Rede analysiert, oder im Geschichtsunterricht die Bürgerrechtsbewegung gestriffen. Das ist eigentlich ziemlich schade, denn Martin Luther King hilft einem die Widersprüche, zwischen Selbstanspruch und Realität in der auf Gott vertrauenden Nation besser zu verstehen.

Nach all dem war ich dann doch fix und alle, alles was blieb war mein Bett. Pünktlich zum Abendessen konnte ich mich dann doch wieder erheben. Gott sei Dank denn sonst hätte ich wohl das grandiose Football Spiel zwischen den Seattle Seahwaks und den San Francisco 49ers verpasst. So langsam scheine ich doch ein bisschen dahinter zu kommen worin die Faszination in diesem Sport liegt. Es ist wahrscheinlich wie bei allem, man muss sich nur drauf einlassen. Seit ich die Lautstärke im Tollhaus der Seahwaks das erste Mal gehört habe, drücke ich jetzt den Seahawks die Daumen für den bald anstehenden Super Bowl. Den ich sonst maximal wegen den Halbzeitshows überhaupt gewürdigt habe.

Denker unter sich...
Am Montag stand ich dann doch wieder früh auf, ich wollte doch den freien Tag in den Museen nutzen. Die Rock Hall fiel leider raus, da ich die auf jeden Fall mit dem Lukas zusammen besuchen will. Aber es gibt ja noch genug andere Museen in Cleveland zu sehen. Mit der Health Line ging es auf Richtung University Circle. Warum war ich bisher eigentlich noch nicht im Kunstmuseum? Ich meine der Eintritt ist frei, die Architektur wunderschön, gerade mit dem neu eröffnetem Atrium und allzu weit weg ist es ja auch nicht. Die Sammlung ist außerdem auch ziemlich fantastisch, auch wenn ich des Warhol langsam überdrüssig werde, das ist dann doch das Problem der Pop Art, es gibt schlicht zu viele Suppendosen, zumindest in den USA.
Im Museum war auch einiges geboten, neben verschiedener Band, die sich im Atrium die Klinke gaben, besuchte ich dann noch Aron der im Museum als Animateure für die Kinderabteilung. Ich bin echt ein bisschen begeistert, wie hier auch versucht wird den kleineren Kunst nahezuringen.
Das Atrium Brücke zwischen Alt- und Neubau
Der doch eher "klassisch" gehaltene Altbau
Das ganze Museum wollte ich mir dann doch nicht anschauen, schließlich ist der Eintritt ja immer frei und es war noch so viel mehr geboten am Martin Luther King Day. So war der Eintritt zum Botanischen Garten auch kostenlos. Wegen des doch eher kalten Wetters dachte ich das ist vielleicht keine all zu schlechte Idee, schließlich gibt es da ja auch eine Wüstenabteilung. Leider war der Garten dann doch nicht so unheimlich faszinierend, vielleicht fehlte mir auch ein bisschen die Motivation oder es war meine panische Angst vor Schlangen, die mich hinter jeder Ecke im Regenwald eine Schlange vermuten ließen.

Frühling in Cleveland
Um einiges besser war dann doch das Programm in Severance Hall, der Wirkungsstätte des weltberühmten Cleveland Orchestras. Denn der Eintritt für Severance Hall war auch komplett frei und das Programm stand auch ganz im Zeichen Martin Luther Kings. Als erstes gab es eine Geschichte der lateinamerikanischen Tänze von den Anfängen der Ureinwohner bis Heute. Das veranlasste mich schon fast zum gehen. Dankenswerterweise habe ich ausgeharrt, ich hätte nur ungern das folgenden Brass Quintett verpasst. Aber allein die Halle war schon einen Besuch wert, welch tolle Akustik. Ich blieb dann noch eine Weile um das Jugenorchester zu bestaunen. Leider habe ich so gut wie null Ahnung von klassischer Musik sodass ich hier jetzt nicht einmal zu Protokoll geben kann was für Stücke denn gespielt wurden. Einzig ein paar Sachen aus West Side Story (Warum auch immer?!), habe ich erkannt. Ich muss auf jeden Fall wiederkommen, um mir Mal ein ganzes Konzert anzuschauen, wie ich jetzt herausgefunden habe gibt es sogar ein 10 Dollar Programm für Studenten und Schüler, vielleicht kann ich dort irgendwie unterkommen. Ich bekam dann eine SMS von Dolores mit der ich dann noch ins Maltz Museum of Jewish Heritage gegangen bin, ein Museum zu groß um es hier zu beschreiben.

Umbaupause
So langsam musste ich ja auch wieder nach Hause, denn ich erwartete ja Besuch, um genauer zu sein Projektbesuch, von Mark meinem Länderbeauftragten und Hannah, meiner Mitfreiwlligen. Am Dienstag war ja auch Mark's Geburtstag und deswegen wollte ich ja auch noch einen Kuchen backen. Dank Backmischung und meines kreativen Einsatzes von Herrshy's Chocolate Pampf, wurde der sogar ganz passabel. Irgendwann dann um 10 trafen Mark und Hannah endlich in Cleveland ein, leider war es da schon zu spät für irgendwelche Sight Seeing Aktivitäten in Cleveland. Aber es war auf jeden Fall schön sich mit Hannah und Mark über die bisherige Zeit auszutauschen. Wir sind schon wirklich gut versorgt hier bei ASF, an Betreuung mangelt es auf jeden Fall nicht. Montags gab es dann die Gespräche mit den Projektpartnern, Elaine und Mark beide in einem Raum, ich würde locker Geld dafür bezahlen so unterhaltsam ist das. Später am Abend lud uns Elaine dann noch zu Mark's Geburtstag zu sich nach Hause ein, Brian Lukas Chef war auch mit dabei. Ein wirklich schöner Abend, mit "Martinis that will make sit you down" und natürlich irgendwann dem unvermeidbaren "Wagon Wheel" von Scott und mir auf der Gitarre, mit einem wunderbaren Chor. Ach ich liebe Cleveland, was für ein weiterer schöner Abend bei meiner Chefin.
Ich glaube manchmal bin ich doch zu hart, wenn ich mein Projekt bewerte, zu ideologisch belastet, denn am Ende sind es doch immer die Menschen die es so toll machen.

Hannah's und mein Meisterwerk
 Diese Wochenende musste ich mich dann doch ein bisschen erholen, das Wetter zwang mich auch ein bisschen dazu, es schneit wieder ordentlich. Ja ich wurde sogar Zeuge des berüchtigten Lake Effects unsere Straße schneite Freitag Nacht einfach so in 20 Minuten komplett zu, es sah fast schon aus wie Blizzard. Trotzdem war ich vorher mit Scott noch auf einem Konzert, von Freunden von ihm, in Loraine, einem Vorort von Cleveland. Ein ziemlich verschlafener und noch heruntergekommener wirkender Vorort. Eigentlich kein Ort an dem man ein kleines Kaffeehaus erwartet, in welchem es Freitag Abends immer Live Musik gibt. Die Band war wirklich sympathisch und coverte sich munter durch 50 Jahre Country/Folk/Rockmusik. Von den Beatles bis zu Tracy Chapman und FUN wurde einiges geboten. Alles auf Ukulele, Acoustic Gitarre, Bass und Fiedel. Sogar mein geheimes Lieblings Beatles Lied wurde gespielt, was mich sehr freute.
Kleinkunst in Loraine
Samstag schlief ich dann lang und ausgedehnt, nur um dann irgendwann gegen 12 aufzustehen um, mich mit einem Buch gleich wieder ins Bett zu verkriechen. ist das nicht toll das ich hier eine Plattform habe um darüber zu berichten? Mich packte dann doch die Wanderlust und ich beschloss trotz Blizzard ähnlicher Zustände  mich nach draußen zu bequemen. Raus nach Edgewater, runter zum See, sollte es gehen. So stapfte ich durch den Schnee, Arcade Fire auf den Ohren und die von meiner Oma gestrickte Mütze auf dem Kopf. Am See angekommen, fragte ich mich was ich da eigentlich wollte? So ganz genau hatte ich mir das nicht überlegt. Auf dem Rückweg beschloss ich dann kurzer Hand noch ins Kino zu gehen, wenn es schon auf dem Weg liegt und Nachmittags auch nur 5 Dollar kostet.

Weg nach Hause
Schnee selbst im imaginären Bart
 "Her" war der einzige Film, der lief den ich noch nicht gesehen hatte. Also ging ich denke ich das erste Mal in meinem Leben alleine ins Kino. Vielleicht war das der Grund warum mich "Her" so sehr berührte. "Her" spielt in einer Welt in der Menschen eigentlich kaum noch real miteinander interagieren, alles wird uns durch Technologie "erleichtert", sei es die Auswahl melancholischer Songs auf dem Weg zur Arbeit, bis zur Einsamkeit Abends alleine einzuschlafen. Der Hauptcharakter verliebt sich dann in das Betriebssystem seines Handys Samantha (verstimmt von Scarlett Johanson) und all das hört sich jetzt unglaublich blöd an. Wirkt aber als Film so gut, so berührend. Das es fast schon schwer zu beschreiben ist. Vielleicht ist "Her" ein Liebesfilm, vielleicht eine Romantic Comedy, vielleicht eine Parabel auf die menschliche Vereinsamung, trotz unendlicher Kommunikation. Auf jeden Fall ein absolut sehenswerter Film. Der nihilistische Soundtrack von Arcade Fire und die Bilder eines Los Angeles im Jahre 2030 tuen dazu ihr übriges. Auf dem Weg nach Hause musste ich dann viel über den Film nachdenken. Seitdem ich ein Smart Phone habe kommuniziere ich so viel mehr, mit meinen Freunden und meiner Familie daheim. Doch ist das echt, sind die Emotionen echt? Kann ich mich nicht schon zu viel geändert haben, dass ich einfach nur in eine bestimmte Rolle, ein bestimmtes Muster schlüpfe, wenn ich Nachrichten auf Whats App beantworte. Führt all dieser Überfluss an Kommunikation und Information nicht eher dazu, dass wir uns voneinander wegbewegen. Könnten wir alle nicht schon längst andere Menschen ohne wirkliches Interesse am anderen sein, ohne das, dass gegenüber es merken würde? Selbst dieser Blog, ist er nicht eine Kreation, eine Vision wie ich mich oder mein erlebtes gerne sehen würde
Ja der Film hat es wirklich geschafft mich down zu bringen oder zumindest zum Denken. Super!

Ich gehe jetzt schlafen es ist schon 2 Uhr, also Montag, Meditationen zu "Supersymmetry"

Thank you for watching!

Donnerstag, 23. Januar 2014

Chicago, Chicago, Chicago!

Ein moderner Klassiker unter den typischen Touristen Fotos
So gerade noch schnell für Morgen vor gekocht, was soll man auch machen wenn mein Souchef gerade im wahrscheinlich deutlich wärmeren El Salvador verweilt, schon wird wieder eifrig gebloggt. Das Beste nur für euch. Hier in Cleveland hat sich alles wieder relativ normalisiert, der "ganz normale" Arbeitsalltag hat mich wieder, doch das ist gar nicht so schlecht. Ich hab jetzt sogar Businesscards (Visitenkarten), komme mir schon richtig offiziell vor. Hier wird man mit der Visitenkarte erst zum Menschen, manchmal werden sie sogar schon präventiv ausgetauscht, noch bevor das erste Wort gesprochen ist. So ist mir das zumindest manchmal geschehen, am Anfang. Naja ich habe 600 Stück bekommen und glaube kaum, dass ich die bis zum Ende vom Jahr loswerden werde. Doch darum soll es hier eigentlich auch wieder gar nicht gehen...

Sondern um Chicago, mein Weihnachten, meinen Urlaub und die wunderbare Zeit in dieser all zu wunderbaren Stadt (schon zu viel?). Ja doch bevor ich in weitere pathetisch anmutende Lobeshymnen auf die "windy city" anstimmen kann, musste ich erst Mal hinkommen und das war gar nicht so einfach. Zumindest nicht wenn dein Bus um 8:15 Morgens geht. Das wäre ja an Sich kein Problem, jedoch sollte man vermeiden am Abend zuvor "Inglouroius Basterds" und "Django Unchained" im Doppelpack zu schauen. Das war aber auf jeden Fall auch eine kulturelle Erfahrung der besonderen Art, diese beiden Filme gemeinsam mit unseren amerikanischen Freunden von dem Freiwilligendienst der Episcopal Church anzuschauen. Bemerkenswert war doch vor allem wie unterschiedlich die Lacher verteilt waren, die eine lachten über den "Texaner" Brad Pitt, die anderen über den schmierigen Goebbels, im Humor und der Brillanz eines Christoph Waltz vereint. Irgendwann um 4 sind der Lukas und ich dann heimgekommen und ich hatte genau noch 2 Stunden Zeit bis mein Wecker klingeln sollte. Hinlegen oder einfach Café und durch? Ich entschied mich natürlich genau falsch und legt mich noch ein bisschen hin, nur um dann am nächsten Morgen meinen Wecker zu verschlafen und um exakt 8:15 aufzuwachen. Da brach schon erst Mal Panik aus, schließlich hatte ich meinen Bus verpasst und wollte doch unbedingt nach Chicago, viel mehr musste, schließlich wollte ich ja auch das Cleveland Caveliers/Chicago Bulls Basketball Spiel nicht verpassen für das ich ja eine Karte hatte. Also hab ich kurz entschlossen den frühstmöglichen, nächsten Bus nach Chicago gebucht. Leider war das ein Greyhound und doch kein leicht komfortabler Megabus. Also saß ich dann wie auf heißen Kohlen im Bus, das einzige woran ich denken konnte, dass ich doch noch rechtzeitig zum Spiel komme. Kurz vor der Grenze zu Indiana hatte ich meine Hoffnung schon aufgegeben, doch dann stellte sich auf einmal meine Uhr wie von Geisterhand um eine Stunde nach hinten. Vor lauter Stress hatte ich doch glatt die Zeitumstellung vergessen... In der Greyhound Station angekommen, verschloss ich fast schon panisch mein Gepäck und machte mich auf den Weg zum Stadium. Leider bin ich erst Mal in die falsche Richtung gelaufen, dass wurde mir aber trotz Google Maps erst viel zu spät bewusst. Dies ist schon Mal ein Vorgriff auf New York, denn Lorenz + mobile Navigation = keine gute Idee. Ich kam in eine wirklich eher als leer zu bezeichnende Ecke von Chicago. Als ich dann schließlich doch in die richtige Richtung hastete, blieb ich noch kurz stehen, etwas irritierte mich. Mitten auf der Straße stand ein Mann der gerade sein "großes Geschäft" verrichtete, tja I guess I'm not in Marktredwitz anymore...

United Center 
Kleine Mini Fallschirme mit "Bulls T-Shirts"
Völlig durchnässt und außer Atem hab ich es dann gerade noch zum 3. Viertel zum Stadium geschafft. Nur um Cleveland elendig gegen die Bulls untergehen zu sehen. Ich war wahrscheinlich auch ein bisschen zu euphorisiert nachdem doch sehr guten Spiel gegen Portland. Den meisten Fans ging es eh nicht um das Spiel, viel mehr um den "Big Mäc" den man erhält wenn Chicago mehr 100 Punkte scored. Dies mündete dann in der letzten Minute in einen doch sehr epischen "Big Mäc Chant", Sport in den USA eben. Nach dem Spiel ging es wieder zurück zu Greyhound Station, eigentlich sollte ich einen Blog über "Die soziale Bedeutung der Greyhound Busse" oder "Durch die USA, in einem Greyhound Bus...", wohl an keinem Ort trifft man auf skurrilere Charaktere und ein gemischteres Publikum, ob das jetzt eher positiv oder negativ zu werten ist muss jeder selbst für sich entscheiden.

Frozen Chicago
Ach Chicago, es ist nicht "meine" Stadt, sondern Jonas und Claras, aber es ist trotzdem eine wunderbare Stadt, so ein bisschen Lobhymne darf ich ja als Besucher auch schreiben. Bevor ich nach dort hin reiste wusste ich eigentlich noch nicht Mal so viel über Chicago. Chicago wirkt als Metropole im Vergleich zu den anderen zwei größten US-Städten, New York und Los Angeles immer ein bisschen wie der ungeliebte Bruder, wie das wenig glamouröse Stiefkind, dass auf den Familientreffen immer am wenigsten vorzuweisen hat. Wenn die durchschnittliche Deutsche "upper middle class" Familie einmal im Leben in die USA zum Familienurlaub fährt, dann entweder an die Westküste, Los Angeles, San Francisco, Grand Canyon und vielleicht nach Las Vegas. Oder man fährt zum Empire State Building und zum Shoppen nach New York. Warum fährt niemand nach Chicago, eine Tour um die "Great Lakes", Toronto, Cleveland, Niagara Fälle, Detroit (eher nicht!) und naja vielleicht Toledo, aber so wirklich gibt's da eigentlich nichts außer mehr chinesische Investoren als sonst in der USA. Ich selbst wusste nicht so die Welt über Chicago, Prohibition, Al Capone, "die Schlachthöfe von Chicago" wie in Sinclairs "The Jungle" beschrieben, Zentrum der amerikanischen Arbeiterbewegung, Heimatort der Band Wilco, des Wrestlers CM Punk, des Rap Genies Kanye West und als Ort an dem Barack Obama als Abgeordneter im Senat von Illinois zum ersten Mal die große politische Bühne betrat. Ja man könnte noch weitermachen, mit der Musik mit dem Chicago Blues, dem Chicago Jazz, Buddy Guy, aber das würde alles viel zu weit führen. Die Frage ist nur warum ist Chicago trotz dieses Angebots, trotz dieser Vielfalt, touristisch nicht so attraktiv wie etwa New York? Ich  weiß es nicht, aber zumindest wirkt es sich sehr positiv auf die Stadt ist, da Chicago schlichtweg einfach nicht so voll ist.

Der "Chicago Water Tower", dass einzige Gebäude das den Brand von 1871 überlebte, weil aus Stein.
Chicago hat einfach die schönste Stadtflagge
Tribune Tower
Chicago = Gotham


Trumpsche Dekadenz
"The Bean" 
Bin ich vielleicht kreativ...
Frank Gehrys dekonstruktivistisches Meisterwerk, der Pritzker Pavillon
Die "Crown Fountain" zeigt 1000 Mal Bewohner Chicagos und im Sommer soll es sogar Wasser geben
"EL" oder "L"
Am Sonntag nach meiner Ankunft ging es dann gleich los, ab nach Downtown mit meinem äußerst kompetenten Reiseführer/Gastgeber Jonas Trittmann. Schon bei den öffentlichen Verkehrsmitteln wird der Unterschied zu Cleveland schnell deutlich, alle 6-8 Minuten ein Bahn, ohne wirkliche Verspätung und schon ist man Downtown, ganz ohne Probleme, einfach fantastisch. Ach, Chicago ein Freilichtmuseum der Architektur. Geformt durch das puristische Genie eines Mies van der, gleichzeitig ist es auch noch Gotham City, also das richtige Gotham City, das Gotham City bevor Christopher Nolan größenwahnsinnig wurde und meinte in New York drehen zu müssen. Es machte einfach unglaublich viel Spaß die "Magnifficent Mile" aka Michigan Avenue runter zulaufen. Was für ein erhabenes Gefühl, im Schatten des schwarzen "badass" John Hancock Center zu stehen. Ja wir sind den ganzen Sonntag einfach nur durch Downtown Chicago gelaufen, oder besser gesagt gerannt, denn der Jonas hat doch noch ein deutlich schnelleres Tempo drauf als ich, was durchaus erstaunlich ist, da ich ich mich selbst doch auch eher als schnell angesehen habe. Man kommt einfach aus dem Staunen kaum heraus. Wenn man dann das neogotische Gebäude des Chicago Tribune kurz vorm Chicago River erblickt, nur um auf der anderen Seite den Trump Tower zu sehen. Dann überquert man diese großen Stahlbrücken, erblickt Marina City, wohl das Gebäude von dem ich in Chicago am meisten fasziniert war, auch wenn sie nicht von Mies van der Rohe sind. Ja und dann die Parks, der Millennium Park, der sich direkt an die Magnifficent Mile anschließt. Ab Hier betritt man dann Frank O Gehry Territorium. Von Mies van der Rohe zu Franck O Gehry wo geben sich die wichtigsten Architekten der Modern schon so die Klinke wie in Chicago. Der Millenium Park ist einfach super, öffentliche Kunst mit der Bean, der Pritzker Pavillion, die erste Brücke die Frank O Gehry baute, wo gibt es das schon. Im nachhinein bin ich so dankbar, dass wir das alles doch so intensiv in unserem letzten Jahr Kunst durch genommen haben. Sonst hätte ich das alles wahrscheinlich alles nicht so wert schätzen können. Aber eigentlich wollte ich ja über meine persönliche Erfahrung über meine Reise in der Reise schreiben und nicht nur über Downtown Chicago schwärmen.

Die Akustik muss hammer sein...
Ist das nicht schön?
"Chicago Institute of Art"
Montag unternahm ich dann alleine eine kleinen Trip in das Chicago Institute of Art. Es war ein herrlich klarer Tag, wenn auch bitterkalt. Deswegen war Museum doch keine so schlechte Idee. An sich war es eh immer ziemlich kalt, was vor allem am Lake Michigan liegt, der die Stadt nicht nur unglaublich aufwertet und durch den Anschluss an das ganze "Great Lakes" System Chicagos Aufschwung als wirtschaftliche Metropole sehr begünstigte. Aber der See sorgt auch dafür das die scheiß kalten Winde der "Great Plains" ziemlich in die Stadt peitschen, eigentlich wäre es ja gar nicht so kalt aber durch den "wind chill" kann es sich manchmal schon unglaublich kalt anfühlen. Das Museum war dann echt ein Traum, eigentlich wollte ich ja keine 14$ Eintritt ausgeben, aber die haben sich richtig rentiert. Alleine wegen Gerhard Richter, wohl einer der Künstler der mich durchgehend fasziniert, gerade dessen photorealistischen Abmalungen, wie etwa "Candle", dass auch das Cover von Sonic Youths "Daydream Nation" ziert. So verbrachte ich an die 4 Stunden in diesem Museum, wobei jedoch Richter und die Fotoausstellung das unangefochtene Highlight darstellen. Natürlich habe ich mir aber auch "American Gothic" angesehen, wohl das berühmteste Amerikanische Bild überhaupt, auf jeden Fall das meist zitierteste, selbst im Vorspann von Desperate Housewifes, wird es kurz aufgegriffen und dann hat man es als Künstler wohl richtig geschafft. Es war allerdings fast unmöglich das Bild anzuschauen, geschweige denn es wirklich anzuschauen, so viele Menschen standen da herum. Aber nur um Fotos von oder mit dem Bild zu machen, nur um zu beweisen können es wirklich gesehen zu haben. Ich verstehe wirklich nicht worin der Sinn liegen soll seine Familie vor diesem Bild aufzunehmen. So was bescheuertes, da braucht man doch nicht ins Museum gehen oder geht man gerade deswegen?
Den klaren Himmel nutzte ich dann auch noch gleich um auf den Willis Tower (ehemals Sears Tower), ehemals höchstes Gebäude Nordamerikas (Danke One World Trade Center...) zu begeben. Der Blick war einfach unbezahlbar, man konnte von oben 4 Staaten erblicken, bis in die Steppe und natürlich Downtown Chicago. Abends waren wir dann noch in Achtung kreatives Wortspiel: "Eataly" dem "place to be". Krass überteuertes italienisches Essen, eigentlich wollten wir dann noch zum "ferris wheel" am Navy Pier, doch leider oder besser gesagt Gott sei Dank war das wegen Kälte geschlossen. Also wieder zurück, wir sind dann einfach noch durch die verschiedenen Geschäfte auf "Michigan Avenue" gelaufen und ich habe meine Traummantel bei Macy's in der richtigen Größe gefunden. Ein guter Tag.

"Candle"

vs.

"Candy"
"Navy Pier"
Prädikat: Einrichten unmöglich; keine Ecken
Dienstag, oder auch Heiligabend habe ich dann mit im "Selfhelp Home" verbracht, Jonas Projekt in Chicago. Das Selfhelp Home ist ein jüdisches Altenheim in Argyle, einem eher asiatischem Viertel in Chicago, ursprünglich gebaut wurde es für Holocaust Überlebende die nach dem Ende des zweiten Weltkriegs in die USA kamen. Die ganze Geschichte darzulegen würde zu lange dauern aber vor kurzem gab es im Spiegel, wenn auch nur Online, einen Artikel über das "Selfhelp Home". Er fasst die Geschichte des Altenheims eigentlich ganz gut zusammen. Das Projekt ist echt toll, Jonas arbeitet vor allem im Activity Programm und da gibt es echt eine Menge zu tun. Es ist wirklich Wahnsinn was dort den Leuten alles geboten wird. Von Ballettaufführungen, Musik, Diskussionsgruppen, Film Analysen, einfach unglaublich. Ja Weihnachtsstimmung kam nicht so wirklich auf, ich nutzte die Zeit, die Jonas arbeiten musste vor allem um mit meiner Familie zu skypen, mit meinen Freunden zu "hangouten" einfach zumindest ein bisschen Weihnachten "herrüberzuretten". Es war ja nicht schlecht oder schlimm, es war einfach nur ein komplett anderes Weihnachten und ich war in Chicago. Nach Jonas Feierabend gingen wir dann mit Jonas Arbeitskollegen Essen. In ein "all you can eat" Steakhouse. Tödlich für mich, Unmengen von feinstem Fleisch, dass einem noch an den Platz gebracht wurde. Eigentlich muss man das verbieten für mich könnte das tödlich enden. Wären wir danach nicht noch ins Kino gegangen hätte ich wohl einfach weiter gegessen und hätte nie diese bedeutungslosen Zeilen verfassen können. "American Hustle" war dann wie erwartet großartig! Wenn auch komplett anders als ich es mir nach den Trailern vorgestellt hatte. Wie kann ein Film mit diesem Cast nicht großartig sein? Jennifer Lawrence war auch wieder fantastisch, wie macht sie das nur, ich bin erneut verliebt. "Live And Let Die" und dazu ihre wahnsinns performance besser wird es selten. Ein toller unterhaltsamer, teilweise, sehr lustiger Film, der sehr von seinen Darstellern lebt. Den Oscar wird sie wohl auch wieder mitnehmen, sollte sie auch, allein wegen der Stimme. Ich glaube ich sollte echt einen Jennifer Lawrence Fan Tumblr erstellen...

Love it or hate it, "Die Maiskolben", mein Lieblingsgebäude in Chicago
Macy's 
Die Aussicht vom Willis Tower...
Kryptische Selbstportraits
Vermutlich erfrorene Tauben
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Noch einmal in aller Pracht Marina City
Da war er schon der 25. Weihnachten wäre jetzt in Deutschland eigentlich schon vorbei, also zumindest Heilig Abend. Es wäre jetzt normal Zeit für die Gans danach, hier geht es erst los. Wir waren beim Deutschen Generalkonsul von Chicago zum Deutschen Weihnachtsgottesdienst und zum anschließenden Lunch eingeladen. Wie es dazu kam? Lange Geschichte... Ich werde müde und konzentriere mich aufs "wesentliche". Jonas und ich dachten, wenn es der Generalkonsul ist, dann scheint das schon relativ offiziell und offiziell bedeutet Anzug. Anzug bedeutet, dass ich den dann auch noch eine weitere Woche nach New York mit nehmen muss. Der Gottesdienst war richtig schön, auch wenn die Predigt jetzt nicht gerade überragend war, aber der imposante Posaunenchor bei "Stille Nacht Heilige Nacht" machte das allemal wett. Weihnachtsstimmung da hatte ich dich für einen Moment. Nach dem Gottesdienst gingen wir dann zum Konsul nach Hause, also doch nicht offiziell, überhaupt nicht offiziell, einfach nur schön. Es gab Szegediner Gulasch und Kartoffeln und nur Jonas, der Konsul, seine Frau, ihre Kinder und ich waren da. Wir haben uns echt gut unterhalten und hatten so doch noch unser kleines Weihnachtsfest mit Baum. Um drei mussten sie dann schon wieder weiter. Also ging es wieder Downtown in das an diesem Tag doch relativ leere Chicago. Außer asiatischen Touristen und uns war kaum jemand unterwegs, es war ja auch fast nichts offen, was für eine erfrischende Sache, in der vom "service" besessenen Nation. Wir sind dann einfach noch ein bisschen durch die Stadt spaziert. Gegen Nachmittag sind wir dann noch ins Kino gegangen, um die Premiere von "Wolf Of Wall Street" zu sehen. Martin Scorceses irrsinnige Börsen Satire, ein weiterer Film den ich mir ganz anders vorgestellt hatte. Mehr Komödie als Mafia. Mehr Di Caprio, in seiner wahrscheinlich bisher Besten Rolle, als De Niro.

Ehemaliges deutsches Arbeiterviertel in dem der Gottesdienst war
Die Kirche
Ich durfte dann noch 2 weitere Tage in Chicago verbringen, bevor es mit dem Greyhound auch schon weiter Richtung New York ging, doch ich bin jetzt zu müde, noch mehr zu schreiben. Chicago ist super, ich hatte wirklich eine tolle Zeit, was wohl auch an meinem Gastgeber lag. Vielen Dank Jonas noch Mal fürs "hosten" und für das ertragen :D Eine Woche New York steht ja noch an. Also zumindest in irgendeinem Paralleluniversum. Ich habe echt das Gefühl, dass ich fast noch Mal wiederkommen muss, vielleicht für meinen Traum vom "Lollapallozza", quasi dem "Southside" im Grant Park. Einfach einen Tag vor Weihnachten, allein durch die Stadt zu laufen. Das war so ein tolle Gefühl, hätte ich mir das vor einem Jahr vorstellen können? An diesem Tag an dieser Stelle zu stehen? Wohl eher nicht ein irgendwie schon erhebendes Gefühl.  Als kleines Schmankerl am Ende, für die Leute die sich wirklich durch diesen zur späten Stunde entstandenem Text gequält haben gibt es noch einen meiner Lieblingsongs der Chicagoer Band Wilco: "I'm coming Home, I'm coming Home, Via Chicago"

Allein diese Gitarren...


Von der Spitze des Willis Towers bis nach New York

Sonntag, 12. Januar 2014

(Meiner Meinung nach) Die 10 Besten Alben 2013 Teil II

Platz 5: Herrenmagazin - "Das Ergebnis wäre Stille"

Erscheinen am 15. März 2013
"Das Ergebnis wäre Stille" das ist schon Mal eine Aussage und dazu dann auch noch dieses Cover, diese deplatziert wirkende bunte Rutsche, irgendwo im Nichts. Wie wenn dieser Ort des Spaßes gerade erst verlassen worden wäre, irgendwie fast ein bisschen Tschernobyl mäßig. An dem Ort wo normalerweise Kinder spielen und toben sollten, herrscht eins; absolute Stille. Das ist schon eine Aussage, die stutzig macht, noch bevor die erste Silbe überhaupt gesungen ist. Ja der grundlosen Freude haben sich "Herrenmagazin" gewiss nicht verschrieben, viel mehr der bittersüßen Melancholie des Lebens. Ich kannte diese Band ja noch nicht Mal vor diesem Album, dabei wirkt sie für mich wie geschaffen; Sei es allein wegen der herrlich entlarvenden Bildsprache. Da muss es wie in "Geröll" schon Mal "die ekelhafte Sonne an der wir Tag für Tag erblinden" sein, ja gutes Wetter sieht anders aus. Selbst "Frösche" (Den Song, den ich als erstes von dieser Band hörte und für furchtbar befand, vor allem wegen dem Bild der Frösche) hat sich mittlerweile zu einem meiner absoluten Lieblingslieder entwickelt. Wahrscheinlich sollte ich einfach nur Texte zitieren? Hervorheben möchte ich dann aber doch noch das traurige "Landminen", dass mich an manchen Tagen doch beinahe zu Tränen zu rührt: "Du ziehst ein Boot durch die Wüste, Trägst ein Flugzeug durch das Meer,
Du kennst jeden Meter der Küste doch willst vergessen woher" Am Ende starten Herrenmagazin einen Aufruf ans Weitermachen, ans nicht Ausruhen, vielleicht gerade weil alles so beschissen ist. Vielleicht gerade deswegen. Irgendjemand muss ja was sagen, denn sonst? Das Ergebnis wäre Stille.




Platz 4: Arcade Fire - "Reflektor" 

Erschienen am 25. Oktober 2013
Ja was soll man noch groß über "Reflektor" schreiben? Entweder man hasst es oder man liebt es. Ich liebe es und zwar sehr! Allerdings wohl auch nicht uneingeschränkt, sonst stände es wohl auf der Eins. Uneingeschränkt auf Eins. Ich weiß nicht genau was es ist? Vielleicht die fehlende Emotionalität? Das für mich ein bisschen zu verkopfte?  Ich weiß es nicht. Das Album bleibt für mich ein Mysterium, bei dem man an jeder Ecke, bei jedem Hören, immer wieder etwas neues entdecken kann. Es ist ein bisschen wie der Monolith aus "2001: A Space Odyssee"; Nicht das man nach dem Konsum des  des Albums anfängt sich mit Keilen zu bekriegen. Es ist einfach da, auf seine eigene spezifische, verspielte Art, man weiß nicht Mal warum doch irgendwie verändert es das Bewusstsein, das Bewusstsein für zeitgenössische Rock/Popmusik. Auf jeden Fall ein Meilenstein und das Album auf das man in 40 Jahren noch zurückblicken wird wenn man an das musikalische Erbe von 2013 denkt. Vielen Dank Arcade Fire! Wer mehr meiner Reflexionen über "Reflektor" lesen will kann das gerne Hier tun.




Platz 3: Tocotronic - "Wie Wir Leben Wollen" 

Erschienen am 25. Januar 2013
"Gott Sei Dank Haben Wir Beide Uns Gehabt", Tocotronic und Ich. Wahrscheinlich wäre es möglich einen Text über diese Band zu schreiben, nur unter der Verwendung von Slogans und Zitaten aus Tocotronic Texten. 20 Jahre Bandgeschichte werfen doch einziges ab, 20 Jahre Reflexionen zwischen Gegenkultur und dem nächsten Weizenbier. Das Haar mag zwar mittlerweile leicht ergraut sein, doch es gibt immer noch genug Gründe sich zu beschweren. Wenn auch nicht für mich, nicht über diese Platte, das wahrscheinlich subjektiv beste Tocotronic Album. Wer sagt, dass Tocotronic nach "K.O.O.K" nur noch langweilie alte Männer Musik produzierten, ist schlichtweg überfordert von der schieren Überkomplexität. Die Parolen sind schon lange pasé, spätestens ab "Wie Wir Leben Wollen" erzählt Dirk von Lotzow nur noch seine lakonischen Gleichnisse und bürdet dem Konsumenten komplett alle Deutungshoheiten auf.

"Wie Wir Leben Wollen" ist ein Stück Kunst. Ein Stück Kunst über die Vergänglichkeit der Dinge, den Verfall und die Befreiung. Also so ziemlich alles was einen um den Schlaf bringen kann. "Wie Wir Leben Wollen" ist aber auch ein Album, ein Album, Album; Im eigentlichen Sinne, jeder Song, jedes Stück sitzt am richtigen Fleck. Eigentlich doch ganz schön anachronistisch im Zeitalter von Streaming Diensten und Popsongs die gerade Mal bis zum nächsten Hype halten. Schon eine Viertel Seite über das Album geschrieben ohne nur ein Wort über die Musik zu verlieren, vielleicht doch nur alles "Schall Und Wahn"?. Das Album geht da hin wo es weh tut eine nie da gewesene Körperlichkeit tut sich auf wie in "Die Revolte Ist In Mir": "In meinem Körper nisten die Viren Die Ambitionen die mich vergiften", die eigenen Ambitionen an denen wir doch immer wieder zu scheitern drohen. Ach ich weiß gar nicht was ich da noch schrieben soll, es ist irgendwie schwer seine Begeisterung für etwas auszudrücken, von dem Man das Gefühl hat es selbst nicht ganz zu verstehen. Vor allem da ja das Erlebnis für jeden doch einzigartig ist. Denn "Das ist keine Erzählung/Das ist nur ein Protokoll/Doch wir können davon lernen/Wie wir leben wollen". Nur eines sei noch gesagt auf "Neuen Zonen" gibt es sogar Bläser! Bläser in einem Tocotronic Song! Wie genial ist das denn? Anhören, allein wegen der Bläser!



Platz 2: Vampire Weekend - "Modern Vampires Of The City"

Erschienen am 14. März 2013
"Modern Vampires Of The City" ist ein Album über New York. Zwölf Songs über die Liebe zu dieser geheimnisvollen und doch immer noch so mystisch wirkenden Stadt. Jedoch keine großspurigen Hymnen a la Jay-Z "In New York, concrete jungle where dreams are made", keine Ansagen wie die eines Sinatras "I'm king of the hill top of the heap", kein reedscher "Walk on the wildside", keine hingerotzte Kritik wie bei den Libertines "New York city's very pretty in the night time/But oh don't you miss Soho?" und  keine Hass/Liebe Songs wie von LCD Soundsystem "New York, I Love You/ But you're bringing me down". Songs über New York gibt es wie Sand am Meer wenn ich weiter darüber nachdenke, aber keine wie auf "Modern Vampires Of The City". Keine Songs wie das spooky, düstere "Hudson" das vom Tod des Namensgebers des Hudson River erzählt oder das unglaublich treibende "Finger's Back", dass die angeblich wahre Geschichte eines orthodoxen jüdischen Mädchens erzählt, welches sich in eine arabischen Jungen aus einem Falafel Shop verliebt; eine moderne Version von Romeo und Julia. Die wenn es sich tatsächlich zugetragen hat so wohl  nur in New York vorstellbar ist.

Musikalisch hat sich doch einiges geändert, die Mischung von Weltmusik und Arfropop, ist einer unglaublich experimentierfreudigen, Spielfreude gewichen. Musikalisch einordnen lässt sich das Album sowieso schwer, dafür passiert einfach zu viel. Zwischen Chipmunk Stimmen, sich ins unermessliche steigernden Chören, sticht doch immer wieder Ezra Koenigs Stimme hervor die scheinbar spielend zwischen allen nur erdenklichen Tonlagen wechselt. Mein Lieblingssong des Albums ist wohl "Ya Hey", was sich vom Titel anhört wie eine umkehrte Version von Outcasts "Hey Ya" entpuppt sich als Break Up Song über Gott. "Oh, sweet thing," säuselt Ezra Koenig am Anfang "Babylon don't love you." bevor der zweischneidige Clou kommt: "But you love everything!". "Ya Hey" steht wie kein Song für das ganze Album, süßlich zart, prachtvoll, aber doch stets smart, kommt es daher - ohne irgendetwas an der Leichtigkeit einzubüßen die die Musik von Vampire Weekend nun Mal ausmacht . Vampire Weekend haben sich endlich gefunden. "Modern Vampires Of The City" ist ein Album, dass klingt wie Popmusik im Jahr 2013 sein muss, es mag zwar nicht so viele Hits haben wie die vorherigen Alben, ist aber in jedem Fall das Beste Album, der vier New Yorker. Sowie das schönste Album Cover im Jahr 2013.




Platz 1: The National - "Trouble Will Find Me"

Erschienen am 17. Mai 2013
Ja Platz Eins geht an The National! Wen sonst? Die Band aus Cincinnati Ohio, die mich seit etwa 2 Jahren völlig verzaubert hat. Ich weiß auch nicht genau worin der Zauber in der Musik von The National liegt, vielleicht ist es weil es diese Band mit ihren Songs immer wieder schafft mich emotional zu berühren. The National ist eine Band der Zwischentöne, der feinen Nuancen, es ist fast so als ob die Songs je leiser sie sind, desto größer werden sie. Vielleicht ist es aber auch einfach die Musik, die sich immer leicht verschiebenden Rythmen, die eindringliche Bariton Stimme eines Matt Berninger, der immer leicht am Rythmus der Drums vorbei zu singen scheint oder es ist die tiefe Melancholie, die fast jedem Song innewohnt? Das Geheimnis liegt wohl einfach in den Emotionen, die diese Band in ihren Songs transportiert. Darum sollte es ja schließlich gehen, in der Musik, in der Kunst generell - Emotionen auszulösen.

"Trouble Will Find Me" ist nicht der große Schritt in eine neue musikalische Richtung, es ist einfach die konsequente Fortsetzung und Verfeinerung, dessen was die Musik von The National so großartig macht. "Trouble Will Find Me" heißt es also programmatisch, die Linien für die nächsten 55 Minuten sind gesteckt. Selbst Songs wie "Sea Of Love" laden nicht gerade zum fröhlichen verweilen ein, der von seinen Dämonen getriebene Matt Berninger singt dort "If I stay here trouble will find me/If I stay here I'll never leave/I belive", heller wird es nicht mehr. Matt Berninger sagt selbst über seine Texte:"Die Songs sollen einfach wie ein verschwommenes Foto sein, bei dem man das Motiv zwar ahnt, es aber nie konkret benennen kann". Besser kann man die Texte von The National wohl nicht beschreiben. Wobei es doch wohl zwei Fälle auf dem Album gibt wo man das Gefühl hat das es doch konkreter wird. Wie in "This Is The Last Time", ein Song der fantastisch durch eine fast schon bassiges Gitarrenmotiv eingeleitet wird, bis dann sich langsam die Drums in den Song schieben. "Oh, when I lift you upYou feel like a hundred times yourself/I wish everybody knew What's so great about you" heißt es da, eine Beziehung, die sich jedes Mal doch immer so gut anfühlt, aber nie halten kann weil "Oh, but your love is such a swamp". Jedes Mal schwört man sich "This Is The Last Time" nur um doch wieder zurückgezogen zu werden. Dann wäre dann noch das minimalistische "I Need My Girl" in dem das lyrische Ich sein Heimweh und sein "Girl" besingt, dass er zurückgelassen hat, langsam kommen all die Erinnerungen zurück, "and I keep feeling smaller and smaller". Da kann man schon Mal eine Träne verdrücken.

The National schaffen mit ihrer Ode an das Scheitern, ein Album das schon fast förmlich zur Katharsis einlädt.Wenn das Scheitern schon unvermeidbar ist, warum kann es dann nicht reinigend wirken? Wir müssen uns keine Sorgen machen denn früher oder später "trouble will find" you, The National sind ja da.




Die Unberücksichtigten:

  • Thees Uhlmann - #2 Ein schönes Album, viel gehört, aber irgendwie doch zu sehr wie das Debüt...
  • Haim - "Days Are Gone" Hätte das Album nur das konstante Niveau von "The Wire" und "Falling"...
  • Casper - "Hinterland" Bis auf ein paar Song, hat es mich leider doch relativ kalt gelassen...
  • Jake Bugg - "Shangri La" Der Dylan des 21. Jahrhunderts, wäre es nur nicht ganz so beliebig...
  • Foals - "Holy Fire" Wieder ein komplett anderes Album, dass ich wohl zu wenig gehört habe..