Sonntag, 2. Februar 2014

My beautiful dark, twisted, nerdy phantasy

Also das wäre übertrieben...
Ich war am Montag beim Wrestling, genauer bei der Aufzeichnung von Monday Night Raw in Cleveland, in der Quicken Loans Arena. Ist doch alles "Fake", werden jetzt einige denken/sagen, ist doch alles kindischer Quatsch. Natürlich ist es "Fake" sonst würde ich es ja nicht anschauen, denn sowas wie UFC, wo sich Leute wirklich die Arme brechen könnte ich mir nie anschauen, es ist mir schlichtweg zu brutal. Natürlich ist es kindisch, wenn man es herunterricht, flache Charaktere "prügeln" sich zur Unterhaltung, der größtenteils amerikanischen Massen in einem Ring? Worin liegt da die Faszination? Denn erfolgreich ist die WWE (World Wrestling Entertainment) auf jeden Fall, die letzte Wrestlemania wurde im Met Life Stadium abgehalten, dem selben Stadion wo am nächsten Sonntag der Super Bowl abgehalten wird, im Jahr 2013 generierte das Unternehmen einen Gewinn von 39,83 Millionen Dollar.

Beim Wrestling geht es eigentlich darum das sich zwei Personen um etwas prügeln. Als erstes gibt es ein Interview (Promo), bei der mögliche Unstimmigkeiten verbalisiert werde. Schon hat man einen Konflikt, dem man in einem Ring austragen kann. Der Gewinner ist dann der wer, seinen Gegner für 3 Sekunden mit den Schultern auf die Matte, "pinnen" kann, oder zur Aufgabe zwingt. Eigentlich ziemlich simpel, das Ende ist dabei immer abgesprochen; wer am Ende gewinnt, so viel zum "fake". Doch dazwischen ist alles offen, zwei Akteure im Ring, die eine Geschichte zu erzählen haben und die Zuschauer, mit denen es zu interagieren gilt. Das wäre eigentlich alles, das ist die Kunst dahinter und wenn es wirklich gut gemacht es kann das sehr unterhaltsam sein, insofern man sich darauf einlässt. Ganz gut erklärt das dieses Video, von dem ich mich ein bisschen inspirieren lassen habe.



Das erste mal Wrestling sah ich damals noch auf Tele 5, als ich vielleicht 12 Jahre alt war. Der Hauptgrund war, wahrscheinlich weil es cool auf dem Pausenhof war. Für Jungs im Alter von 10 bis 12 Jahren gibt es vielleicht auch kaum etwas "cooleres" als Männer in kurzen Schlüpfern, die sich prügeln. Noch besser war es natürlich weil es den Hauch etwas verbotenes hatte, bis um 11 an einem Freitag Abend aufzubleiben, sich in das Wohnzimmer der Oma zu schleichen um Wrestling zu schauen. Ja das waren noch Zeiten, Zeiten als "mark" (So nennt man die Fans, die nicht wissen das Wrestling eigentlich nur eine Inszenierung ist). Irgendwann verlor ich dann das Interesse, wenn man herausfindet, dass das alles "fake" ist und sich wirklich niemand schlägt, verliert das Ganze in diesem Alter an Reiz.

Doch 2011 wurde ich irgendwie wieder aufmerksam auf die WWE. Das lag vor allem an einem Wrestler CM Punk, der es mit einer Promo (Einer Ansprache im Ring) bis in die Mainstream Medien brachte. Von diesem Punkt war mein Interesse in gewisser Weise wieder geweckt. Die WWE wird kontrolliert von Vince McMahon, dieser sieht seine Shows als "Unterhaltungsshows", das Wrestling ist eigentlich eher nebensächlich. Dies führt zu sehr peinlichen, meist sehr traurigen Menschen, da die Charaktere vor allem Klischees bedienen. Da gibt es kleinwüchsige Wrestler, die man als Gnome verkauft, von der Tea Party Bewegung inspirierte "Real Americans", die gegen Immigranten aus Mexiko hetzen, Amerikaner die alles zerstörende Russen verkörpern, da werden dann auch schon Mal zur Unterhaltung Personen lebendig in Beton "beerdigt", dann gibt es den leicht tuntigen Italiener, die Liste könnte ewig weitergehen. Es ist manchmal schon erstaunlich was die Cartoon Welt eines Vince McMahon hervorbringt, vor allem ist es aber fremdschämen. Fremdschämen in einer Welt aus schlechter Comedy und mittelmäßiger Soap Opera. Die "guten" sind meist das Stereotyp, des perfekten Amerikaners und die "bösen" hinterhältige, weinende Feiglinge. CM Punk ist und war anders. Er passte null in diese Comic Welt, hatte bevor er bei der WWE unterschrieb in allen wichtigen Indy-Ligen auf der Welt performed, er war auch nicht wirklich erfolgreich. Bis er an einem Montag während Monday Night Raw, die Bühne betrat und all das ansprach was ihn an der WWE störte. Er sagte sogar, dass die WWE wohl besser dran wäre wenn Vince McMahon tot wäre, damit brach er die "fourth wall", also die Wand zwischen Zuschauer und Illusion, er fiel aus der Rolle. Er sprach alles an was "Smart Marks" (Fans, die wissen das alles "fake" ist und Matches mehr nach Technik etc. bewerten) am Produkt WWE störte. Er hatte nichts zu verlieren sein Vertrag war dabei aus zulaufen. Auf einmal kollidierte die Realität, mit der kommunizierten Realität. Dies läutete den "Summer Of Punk" ein, der wohl diesen Montag endgültig sein Ende fand...
Die küssen sich bestimmt gleich...
Da war ich also in der Quicken Loans Arena, mein erstes live Wrestling Event, die Aufzeichnung von Monday Night RAW. Ich war aufgeregt wie ein Großteil des doch eher jüngeren Publikums. Wobei das Publikum doch erstaunlich gemischt war, ein paar "Nerds", eine gute Anzahl Kiddies, ja ganze Familien und vor allem auch eher aus allen Schichten. Ich erwartete eigentlich eine formidable Anzahl an "USA, USA, USA" Rednecks, die waren aber dann  Gott sei Dank doch nicht so sehr vertreten. Es waren auch beinahe mehr "Smart marks" als "marks" anwesend, da vor allem die Wrestler unterstützt wurden, die von der WWE eigentlich nicht als Stars aufgebaut werden, wie etwa Daniel Bryan. Das ist sowieso wahrscheinlich eine der faszinierendsten Sachen am Wrestling, es ist schwer den Fans zu geben was sie wollen, sie unterstützen meist wen sie für richtig halten und das kann manchmal zu sehr unangenehmen Situationen führen. So auch in Cleveland, die Menge brannte für Daniel Bryan und hatte für den Rest neben "boring chants" eigentlich nicht so viel übrig. Es war schon fast ein bisschen traurig dort sechs jährige Kinder zu sehen, die sich seit Wochen auf diesen Abend gefreut haben, ihre Idole wurden nur ausgebuht. Das ist in irgendeiner Form auch das faszinierende am Wrestling. Es wird zwar versucht, durch die Produktionsfirma, die dahinter steht bestimmte Personen als "Stars", als "gut" oder "böse" zu positionieren, doch am Ende entscheiden immer noch die Fans in der Halle. Hinter mir saßen drei aufgepumpte Typen, um die 20, die sich gar nicht mehr einkriegen konnten. Da wurde in einer Tour geschrien, reingerufen, geklatscht, die zu Hause liebevoll angefertigten Plakate hochgereckt.

YES! YES! YES!
Cleveland liebt Daniel Bryan
PYRO!
Randy Orton, Dave Batista (Bald zu sehen in Guardians Of The Galaxy) Brock Lesnar (Bekannt durch seine MMA Karriere) und Paul Heyman alle in einem Ring, dass ich das noch erleben darf...
Brot und Spiele
Amerikanische Prüderie...
Natürlich gewinnen "die Guten" am Ende und das Publikum kann glücklich nach Hause gehen
Ja ich hatte wirklich Spaß die knapp 4 Stunden in der Quicken Loans Arena. Das Wrestling war technisch gut, es gab einige große Stars und das Publikum hat so einiges gerettet. Es war gute Unterhaltung. Je nachdem wie man "gut" definiert. Am Ende bin ich froh, dass ich mich auf so einen "Schwachsinn" noch einlassen kann, mich 4 Stunden einer Illusion hingeben kann, in einer absurden Comicwelt aus schlechter Comedy und mediokerer Soap Opera. Ich fange schon wieder an mich dafür zu rechtfertigen, obwohl ich das doch eigentlich gar nicht müsste, nicht im Land der Freiheit ;) Zumindest wurde dieser Event nicht durch Werbung, egalisiert. Niemand applaudierte für einen Big Mac, der Sport stand im Mittelpunkt, nicht so wie bei meinen 2 Basketballspielen. Bei denen man auch meinen könnte, dass man nur etwas brauchte um all seine tollen, unterschiedlichen Produkte anzupreisen.Heute steh mit dem Super Bowl, dann schon das nächste große Sportereignis an. Ich werde jetzt dann Mal anfangen die Hot Wings vorzubereiten. Go Seahawks! Es gibt bestimmt Interessanteres über das man bloggen könnte, aber irgendwie musste das auch einmal seinen Platz verdient haben.
Ein Wermutstropfen, blieb dann doch, es gab keinen Auftritt von CM Punk, der der Auszog, das professionelle Mainstream Wrestling zu revolutionieren. Die Person, die mich überhaupt wieder für Wrestling interessierte. Nach dem verkorksten "Royal Rumble" nahm er seinen Hut und verließ kurzentschlossen Cleveland. Das Internet überschlägt sich schon mit Gerüchten: Burnout, Unzufriedenheit über seine Platzierung, Frustration über die Institutionen innerhalb des Unternehmens oder vielleicht ist es am Ende doch nur ein "work" (eine als real verkaufte Storyline). So schließt sich für mich auch der Kreis und meine erstes Wrestling Event wird wohl auch mein letztes werden, denn ohne CM Punk ist es einfach nicht dasselbe.

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