Donnerstag, 29. August 2013

Lieblingsplatten für die Ewigkeit #2 "My Beautiful Dark Twisted Fantasy" - Kanye West

Erst mal kurz ein paar Worte voraus, denn sonst könnte das ganze hier etwas komisch wirken. Wer mich kennt weiß das ich Hip Hop eigentlich immer nicht wirklich mochte. Nicht mögen ist wahrscheinlich zu tief gestapelt- eine tiefe Abneigung trifft es wohl besser, lag wahrscheinlich daran, dass ich dachte Indie, Post Punk und Gitarrenrock  sei die einzige Musik mit Daseins Berechtigung. Ja, ein wirklich enger Horizont, den ich da hatte. Doch dann bin ich durch Zufall auf My Beautiful Dark Twisted Fantasy aufmerksam geworden. Eigentlich auch nur weil ich irgendwo gelesen hab das Bon Iver alias Justin Vernon auf dem Album mitwirken soll und ich keine interessanten "neuen" Bands gefunden hab. Also hab ich mir das Album gekauft und war erstmal krass überrascht wie gut mir die Musik gefiel, wie genial Samples und Beats ineinander greifen, kurz was ich alles verpasst habe. Ich war wirklich geflasht. 

Erschienen am 23. September 2010
My Beautiful Dark Twisted Fantasy ist eine Orgie des Größenwahns, ein Überzeichnung des eigenen Selbstverständnisses und vor allem ein Album das dem Anspruch des "Hottest MC in the game" endlich gerecht wird. Eine Platte die völlig überladen wirkt mit duzenden von Samples (Von Black Sabath in Hell Of A Life über Gil Scott-Heron in Who Will Survive In America), mindestens genauso vielen Gastmusikern, über allem thront jedoch das Genie Kanye Wests. Welches sich wie ein "roter Faden" durch das ganze Album zieht, apropos "roter Faden" für mich ist es so, dass ich nie das Bedürfnis habe auch nur einen Song zu skippen. Das mag wahrscheinlich auch an der langen abwechslungsreichen Feature Liste liegen, die von Jay-Z, Charlie Winston, Niki Minaj, Kid Cudi, Rick Ross, Elton John (!) Rihanna und Bon Iver reicht, denn jeder Gastbeitrag bereichert das Album in irgendeiner Form ohne zu aufgesetzt zu wirken. Sample lastige Beats bilden das Fundament für jeden der abwechslungsreichen, innovativen Tracks.


Schon der erste Track ist Gänsehaut pur, Niki Minaj spricht ein paar Zeilen aus "Alice in Wonderland" dann "Can we get much higher?", auf einmal setzt der Beat ein. Die Weichen sind damit gestellt und was jetzt kommt sind 68 Minuten "dark fantasy", sprudelnde Kreativität und purer Wahnsinn, gegen den Alice Im Wunderland einen fast schon normal vorkommt. Bei Power jagt Kanye seine Zeilen über den dicken Sound, der an jeder Ecke noch mehr aus dem Stück rauskitzelt und darüber surren die Lyrics nur so da hin: ""I'm livin' in the 21st century / Doin' something mean to it / Do it better than anybody, you ever seen do it / Screams from the haters, got a nice ring to it / I guess every hero need his theme music."
Aber auch sonst sitzt alles an seinem Platz die Fanfaren in All Of The Lights, das wohl mit seinen vielen Features in die Geschichte eingehen wird. Aber auch Stücke wie das großartige Gorgeous, das einen wahnsinnigen Groove hat und durch Kid Cudis Vocals in der Hook nur noch mal an Qualität gewinnt. Oder Runaway, vielleicht das Lied das mir am besten gefällt, dass so zerbrechlich wirkt wie ein Toastbrot im Regen und nach 9 Minuten endlich in die wohlverdiente Stille kippt.


Kanye West setzt sich mit diesem Album also endlich das Denkmal das er verdient. Gleichzeitig festigt er den eigenen Anspruch als Genie, als "Steve Jobs of Art. Dabei gelingt es ihm sich als Künstler zu etablieren und nicht als Celebrity Clown, der Kim Kardashian begatten durfte oder Taylor Swift bei den MTV Awards unterbrach, mit der Konsequenz selbst von Barrack Obama als "Jackass" bezeichnet zu werden. Von all dem löst er sich mit diesem Stück Kunst. Anders als Jay-Z, der sich spätestens nach dem Black Album und The Blue Print Vol. 3 nur noch mit dem Aufzählen der eigenen Statussymbole begnügt, schreitet Kayne voran um seine Beautiful Dark Twisted Fantasy, seine Vision von Hip Hop im 21. Jahrhundert konsequent umzusetzen. Mit Gossip ist endgültig Schluss "Gossip, gossip, nigga just stop it / Everybody know I'm a motherfucking monster", wie er über sich selbst rapt, und was für ein Monster ein kreatives Monster von ungeahntem Potenzial. Das in Tracks wie dem wahnsinnigen Monster endlich zum verschein kommt, bis Niki Minaj ihren Auftritt hat und mit ihren Mörder Lines alles in Grund und Boden zu rapen scheint.


My Beautiful Dark Twisted Fantasy ist für mich eines der großartigsten, progressivsten Alben der letzten 20 Jahre. Vielleicht mag es den Radiohead OK Computer vergleichen nicht ganz standhalten. Aber es ist nun mal auch einfach ein geniales Album das in jedem Augenblick Erwartungshaltungen aufbaut um sie dann im nächsten Augenblick zu zerschlagen, im Mittelpunkt steht der unverkennbare Sound der das gesamte Konstrukt des Wahnsinns zusammenhält, der schöpft aus dem ganzen Spektrum und bringt sich so in Position. Kanye ist keinesfalls Lost In The World. West braucht keine Preise, keine 21 Grammys denn die Krone setzt er sich gekonnt selbst auf. Vielleicht hat das Album nicht die Wirkung wie The White Album der Beatles oder wie Radioheads OK Computer aber was diese Alben für mich in der Rockmusik waren ist My Beautiful Dark Twisted Fantasy das Pendant dazu im Hip Hop, sofern ich das bewerten kann. Wenn am Ende dann bei Lost In The World der Refrain etwa bei Minute 3.10 fünf stimmig auf einen einprasselt weiß man das hier ist große Kunst, mehr nicht, aber auch nicht weniger.

Kleiner Tip noch am Rande: Wer jetzt Lust bekommen haben sollte sich das Ding mal anzuhören, sollte sich unbedingt mal den Runaway Kurzfilm anschauen, der wirklich sehr gelungen ist und viele Stücke des Albums enthält, oder den Auftritt vom Coachella 2011.


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