Donnerstag, 10. Oktober 2013

Gibt es hier etwa Alligatoren?!

Mein Arbeitsplatz im Office
In erster Linie bin ich ja nicht in die USA gekommen um über die Schönheit der Stadt Cleveland zu berichten, sondern um zu arbeiten. Ja arbeiten, das hört sich erst einmal komisch an wenn man die letzten 3 Monate nach dem Abitur eher mit herumhängen verbracht hat oder besser gesagt mit der Vorbereitung auf ein Jahr ohne Alkohol ;) Arbeiten werde ich das ganze Jahr für die Earth Day Coalition, eine doch nicht so kleine Umweltorganisation in Cleveland, besser gesagt in Ohio City. 
Seit meiner Zusage für dieses Projekt hab ich gerätselt was sich wohl hinter diesem Namen verbergen wird. Denn Umweltschutz in der USA? Das erste was Bild was dabei in meinen Kopf kam, war ein Haufen verträumter Hippies in fair gehandelten Hanfklamotten, die versuchen  andere Amerikaner von ihrer "idealen Lebensweise" zu überzeugen und nein ich bin nicht Klischee befreit...
Trotzdem kann ich Entwarnung geben.

In Amerika ist alles ein "Business", jede non Profit, schlichtweg alles, selbst der Staat schein ein riesiges "Business" zu sein, sonst könnte er ja wohl nicht schließen, oder? Die Earth Day Coalition muss deswegen zwangsläufig wohl auch ein "Business" sein, aber ein überaus liebenswürdiges. Ich wurde echt sehr nett Willkommen geheißen und in alle Themen- und Arbeitsbereiche eingeführt. Bei der Earth Day Coalition arbeiten 6 Festangestellte Mitarbeiter, "staff" und einige "interns" also Praktikanten, die meistens bereits studieren. Nachdem ich die Einführung hinter mich gebracht hatte,
verbrachte ich die ersten Tage damit mich am Computer zurecht zu finden. Denn hier gibt es ausnahmslos MAC's. Also diese riesigen Apple Schachteln, die aussehen als wären sie direkt aus Stanley Kubrick's Set für "2001 A Space Odysseey" gefallen. Die ersten Tage verbachte ich also erst einmal mit Büroarbeit, also Kontaktdaten in die Datenbank eingeben, "Social Media" Gedöns und alles andere was man sich unter dem Begriff "shitwork" wohl alles vorstellen kann. Da das alles aber noch so neu für mich ist, macht mir selbst das ziemlich Spaß. So geht es mir bisher eh im allgemeinen, ich glaube ich profitiere zur Zeit wohl noch mehr von der Earth Day Coalition, als sie von mir.
Zur Zeit bin ich dabei mich in das "Naturehood" Projekt einzuarbeiten, dass wohl den Schwerpunkt meiner Arbeit bilden wird. "Naturehood" ist ein Projekt das es sich zum Ziel gesetzt hat, brachliegende, unbebaute Flächen, von denen es seit der Subprime Krise in Cleveland mehr als genug gibt, wieder zu renaturieren. Dies soll vor allem durch heimische Pflanzen und mit der Hilfe der anliegenden Nachbarn erreicht werden. Aber bis es damit Los geht, muss ich wohl erst einmal den berüchtigten Clevelander Winter überstehen...

Aber es gibt ja Gott sei Dank derweil genug anderes zu arbeiten. Wie etwa im "Dike 14 Nature Preserve", einer Art Naturschutzgebiet etwa drei Kilometer östlich von Cleveland. Hier führt die Earth Day Coalition regelmäßig Schulklassen, durch das Gelände. So auch letzte Woche, als ich Dolores dorthin begleiten durfte. Nach ein paar Minuten warten kam schon der erste Schulbus mit Schülern der 11. Klasse einer Highschool in Cleveland. Bei der ersten Führung war ich nur quasi als Aufpasser dabei, um zu sehen wie das genau abläuft. Während ich die zweite Gruppe schon fast allein führen durfte. Es war schon irgendwie komisch, denn noch nicht einmal vor einem jahr wäre ich wohl an ihrer Stelle gewesen und hätte wahrscheinlich genauso gelangweilt reagiert, wenn mir auf einmal jemand was über Gräser erzählen will. Trotzdem war es schon komisch anzusehen, dass diese Kids anscheinend noch nie in ihrem Leben in der "Natur" waren. Jede noch so kleine Fliege, Mücke oder sonstige Kreatur stellte eine lebensbedrohliche Gefahr dar. Da leben sie seit ihrer Geburt in Cleveland, einer zumindest für mich, Großstadt, die die letzten Jahre eigentlich immer in den Top Ten der gefährlichsten Städte der USA rangierte und dann kommen sie in ein kleines Naturschutzgebiet und fürchten sich vor menschenfressenden Kojoten...


Während meiner Führung machte ich mir diese Angst ein bisschen zu nutze, mein Grundschullehrer wäre wohl von dieser Art der Pädagogik begeistert gewesen. Ich erzählte den Schülern, die durch den frisch gefundenen Kojoten Kot sowieso schon verschreckt waren, dass letztes Wochenende hier ein Mann von einem Alligator gebissen und fast getötet worden wäre. Die Schüler nahmen mir den Schwindel dankenswerter Weise ab und waren von nun an wirklich aufmerksam. Auch wenn ich die ganze Zeit Fragen beantworten musste, ob es hier den wirklich Alligatoren gibt. Dolores, die mich begleitete hielt bis zum Ende der Führung dicht. Das ganze dauerte ja sowieso nur eine knappe Stunde, war aber, da ich komplett alles in Englisch machen musste, schon ziemlich anstrengend.
Ich hoffe das ich das bald mal wieder machen kann, vielleicht dann auch ohne Alligatoren.



Nachdem wir mit den Führungen fertig waren, fuhr ich mit Dolores noch zum Lunch zu Sokolovski's, einem polnischen Restaurant, in dem Bill Clinton sogar schon mehrfach gegessen hat. Zum Essen gab es eine Art Hackbraten mit Kartoffelpüree und Blaukraut. Es hätte genauso gut bayrisches Essen sein können für mich zumindest schmeckte es mehr nach Bayern als nach Polen, aber die sind ja für manche Amerikaner ja sowieso dasselbe.
Bill Clinton's Lieblingsessen in dessen Lieblingsrestaurant Sokolovski's in Cleveland
Bisher finde ich mich in der Arbeitswelt auch bestens zurecht, mal sehen wie das weitergeht, die nächsten Tage, Wochen, Monate. Das tolle ist an meinem Projekt ist wirklich das alle Leute so unglaublich nett und hilfsbereit sind, sodass ich wenn ich irgendwo mal nicht weiterkommen sollte immer einen Ansprechpartner habe. Auf jeden Fall ist die Arbeit sehr spannend, egal ob man mit einem eingefleischten Auto Fan auf dem Tremont Arts Festival über die Vorzüge von Hybrid Autos redet oder den "Instrumental Evening For The Earth", unseren Fundraiser, mitorganisiert. Man bekommt auf jeden Fall einen guten Einblick wie eine kleine non Profit wie Earth Day Coalition funktioniert und arbeitet.
 Ich freue mich wirklich auf die weiteren Monate, oder wie Woody Guthrie es sagen würde: "This Train is bound for glory..." Ich war nämlich auch auf einer Art Woody Guthrie Broadway Show, aber dazu ein anderes Mal.

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